Dr. Georg Schwarz, Dingolfing
Die „Landshuter Hochzeit“ 2005 als Beispiel für eine historische Darstellung des Mittelalters in der Gegenwart und Zukunft. Struktur – Bedeutung – Probleme
Die „Landshuter Hochzeit“ 2005 machte allenthalben Schlagzeilen. Ein wichtiger Grund für diesen Erfolg und das enorme Medienecho ist in der exzellenten und professionellen Werbung auf allen Ebenen zu suchen. Das alles ist sehr zu loben, besonders wenn man an das enorme Engagement der „Hochzeiter“, wie sie in und um Landshut heißen, und der „Förderer“ unter der höchst sachkundigen und intelligenten Leitung der Familie Wohlgemuth und ihrer begeisterten Mitarbeiter sowie aller ca. 2300 Mitwirkenden denkt. Sie alle – und noch dazu einige Begeisterte in und um Landshut – haben sich voll integriert und arbeiten nicht nur zu den Festzeiten alle vier Jahre, sondern auch an all den Tagen in den dazwischenliegenden Jahren.
Bewunderung und Anerkennung sind angesagt angesichts so vielen Fleißes und so vielseitiger Aktivitäten, ohne die Landshut und die „Landshuter Hochzeit“, auch im Jahre 2005 und mit Sicherheit in den kommenden Jahren nicht denkbar ist.
Die Struktur der „Landshuter Hochzeit“ 2005 ist klar: Das umfassende „Fest“ der ganzen Stadt und des Umlandes ist auf „Historie“ und als „Historisches Dokumentar-Spiel“ in der (fast) gotischen, also historisch gewachsenen und „gotisch“ konservierten Stadt (Denkmalschutz) ausgerichtet. Organisation und Zielrichtung sind abgestimmt! Die „Richtung“ stimmt!
Die Bedeutung ist enorm und beachtlich: Der ganze Freistaat Bayern, die Bundesrepublik Deutschland, Europa, ja sogar viele Staaten aus Übersee und Asien profitieren vom Glanz und Charme der niederbayerischen Haupt- und Residenzstadt an ihren „Festtagen“ und weit darüber hinaus.
Aber da beginnen auch die Probleme der „Landshuter Hochzeit“ 2005. Lässt sich eine über 500-jährige Geschichte, zumal wenn sie 1475 unter ganz anderen Umständen und Bedingungen sich ereignet hat, in der Weise und mit den Mitteln unserer Zeit und unserer geistig-ökonomischen Mentalität transportieren? Wird nicht der Charakter eines „Events“ bzw. einer „touristischen Sensation“ mit „Erlebnis-Garantie“ vermittelt? Wird nicht einem „Gigantismus“ gehuldigt, wo doch „mittelalterliche Atmosphäre“ im (fast) gotischen Kleid bzw. Outfit versprochen wird? Und wo bleibt der wirkliche Kern des „Historischen Dokumentar-Spiels“, nämlich die Vergegenwärtigung so komplexer Themen wie „Fürstliche Macht- und Heiratspolitik“, „Fürstlich-bürgerliche Strategie im Kontext verschiedener Machtblöcke und Machtansprüche“, „Gralssage und Heiliger Gral in der Tafelrunde der Ritterschaft“?